Kleine Photovoltaikanlagen können selbst installiert und in Betrieb genommen werden. Wir erklären, warum sich die Anschaffung für so viele Haushalte lohnt.
Ob es uns gefällt oder nicht, wir stecken mitten in der Energiewende und das macht sich auch auf der jährlichen Stromrechnung bemerkbar. Wer den steigenden Stromkosten entgegenwirken will, kann nur den eigenen Verbrauch senken. Das funktioniert etwa durch den Tausch von alten elektronischen Haushaltsgeräten (Ratgeber) oder durch einen sparsameren Umgang mit Energie. Wer bereits seit Jahren auf seine Stromkosten achtet, seine Großgeräte ausgetauscht, die Beleuchtung auf LED umgestellt hat und auch sonstige Energiespartipps berücksichtigt, wird hier aber nur geringes Einsparpotenzial finden. Eine effektive Möglichkeit, den Verbrauch unabhängig von den Verbrauchern zu senken, ist die Nutzung von selbst produziertem Strom.
Und hier kommen die sogenannten Balkonkraftwerke ins Spiel. Diese kleinen Solaranlagen produzieren zwar weniger Strom als großflächige Anlagen auf Dächern oder Feldern, aber sie bieten dafür eine ganze Reihe an Vorteilen.
Update
Der Markt ist in Bewegung: Neben der Solaranlage vom Fachhändler oder Discounter bietet nun auch der Zubehör-Hersteller Anker eine eigene Solarkraftwerks-Serie für Balkon oder Terrasse an.
Anker positioniert sich hier ganz nach dem Ikea-Prinzip: Einmal kaufen und direkt loslegen. Neben Verlängerungskabeln und Befestigungslösung gehört hier sogar das für die Montage benötigte Werkzeug zum Lieferumfang. Ärger mit fehlenden Komponenten und teurem Zubehör bleibt so hoffentlich erspart. Das erklärt auch den etwas höheren Preis etwa im Vergleich zum Discounter-Modell. Beim billig gekauften Set fehlen etwa Befestigungsmöglichkeiten für die Solarpanels und die sind mit Kosten von 90 bis 150 Euro (pro Panel!) nicht zu unterschätzen.
Verfügbar ist das DIY-Set Anker Solix in zwei Varianten. Für 989 Euro gibt es eine maximale Solarleistung von 830 Watt. Das Set mit den komplett schwarzen Panels für 1389 Euro liefert theoretisch sogar bis zu 880 Watt. Da der im Kit enthaltene Wechselrichter aber maximal 600 Watt ins Stromnetz einspeist, ist die Mehrleistung primär bei wenig Sonnenschein interessant. Die tatsächlichen Leistungsdaten sind per App ablesbar.
Ob das Set so einfach zu installieren ist und ob wir tatsächlich ohne weiteres Zubehör, klarkommen, zeigen wir demnächst in einem Testbericht. Das Test-Kraftwerk ist bereits auf dem Weg in die Redaktion.
Balkonkraftwerk
Der Name Balkonkraftwerk ist auf den geringen Platzbedarf der Anlagen zurückzuführen, ein Balkon ist für die Nutzung nicht nötig. Die kleinen Solarkraftwerke bestehen lediglich aus einem bis zwei Solarpanels und einem Wechselrichter, welcher den produzierten Strom ins heimische Stromnetz einspeist. Und dieses Equipment passt in der Regel auch auf den Balkon. Wo die Solarmodule aufgestellt oder gehängt werden, ist aber egal – solange sie nur ausreichend Sonne abbekommen.
Ein Balkonkraftwerk ist, anders als große Solaranlagen, frei von bürokratischen Auflagen. Eine Anmeldung und Freischaltung durch den örtlichen Netzbetreiber und die im Betrieb anfallende Bürokratie ist hier nicht nötig. Anders als große Anlagen dauert es hier nicht Monate, bis endlich Strom fließt. Hier heißt es kaufen, aufbauen, anstecken und sofort sparen.
Auch ein Elektro-Fachbetrieb zur Installation ist nicht zwingend erforderlich. Wer etwas handwerkliches Geschick und Grundkenntnisse in Elektronik mitbringt, kann die Anlagen problemlos selbst aufbauen und in Betrieb nehmen. Um den Strom einzuspeisen, wird der Wechselrichter einfach an eine klassische Schukosteckdose angeschlossen. Eine spezielle Wieland-Steckdose wird zwar wegen der robusteren Bauart empfohlen, ist aber nicht nötig.
Statt per Wielandstecker kann man den Wechselrichter auch an einer klassischen Schukosteckdose anschließen. Bild: TechStage.de
Die rechtliche Grundvoraussetzung für den anmeldefreien Betrieb einer Solaranlage ist eine begrenzte Einspeisung ins Hausnetz. In der Praxis bedeutet das, dass die Anlagen maximal 600 Watt ausgeben, selbst wenn eigentlich mehr Strom produziert wird. Aktuell laufen Beratungen, ob die Einspeisung zukünftig 800 Watt betragen darf – im Moment liegt die Grenze aber bei 600 Watt.
Warum sollte man aber mehr produzieren als verbrauchen? Die Antwort ist einfach. Wer möchte, dass die Anlage auch bei wenig Sonnenschein möglichst viel Strom liefert, sollte die Leistung der Panels etwas großzügiger auslegen. Dies ist zwar mit Verlusten bei gutem Wetter verbunden, bedeutet aber eine effektivere Ausbeute an schlechteren Tagen.
Bei den Balkonkraftwerken handelt es sich üblicherweise um anschlussfertige Sets. Zumindest theoretisch kann man damit direkt loslegen. In der Praxis fehlen dann aber oft einige benötigte Teile. Los geht es mit Halterungen für die Panels, die nicht immer enthalten sind. Auch die mitgelieferten Kabel sind häufig zu kurz. Wer seine Solarmodule etwa auf dem Dach oder im Garten platziert, sollte an eine ausreichend lange Zuleitung zum Wechselrichter denken. Wer seine Anlage per Schukostecker anschließt, sollte darauf achten, ob ein entsprechendes Kabel zum Set gehört, oder ob lediglich ein Wielandstecker beigelegt ist.
Wer nicht im Nachhinein von Kosten überrascht werden will, sollte sich auch Gedanken zum Zubehör machen. Bild: TechStage.de
Einsparpotenzial
Die Balkonkraftwerke liefern meist zwar theoretisch 600 Watt, dies aber natürlich nur bei ausreichend Sonnenschein. Für eine komplette Versorgung eines ganzen Hauses reicht das nicht. Um den Verbrauch von Kühlschrank, Kühltruhe oder Router zu senken, sind 600 Watt aber schon ganz ordentlich. Für kleine Wohnungen mit wenig Grundverbrauch sind auch kleinere Anlagen mit weniger Leistung interessant.
Wie viel Strom produziert wird, hängt von der Leistung der Panels ab. Bild: TechStage.de
Je nach Lichtausbeute und Wetterlage sollte die jährliche Ersparnis unserer Anlage (2x 410 Watt) zwischen 200 und 250 Euro liegen. Bei Kosten von 600 Euro wäre die Anlage damit nach nur drei Jahren abbezahlt. Rechnet man Zubehör wie Kabel oder Halterungen mit ein, dauert es allerdings eher vier Jahre, was trotzdem ein guter Wert ist. Zumal sich die Zahlen auf die aktuellen Stromkosten beziehen. Bei einem steigenden Strompreis lohnen sich die Anlagen noch schneller.
Grundvoraussetzungen
Um ein Balkonkraftwerk betreiben zu können, benötigt man neben ausreichend Sonneneinstrahlung eine freie (Außen-)Steckdose als auch genügend Platz für die Photovoltaik-Module. Bei Mehrfamilienhäusern und Mietwohnungen sollte man sich vor dem Kauf informieren, ob das Balkonkraftwerk etwa außen an der Balkonbrüstung angebracht und genutzt werden darf – insbesondere in Innenstädten gibt es hier regelmäßig Probleme.
Bei alten Häusern mit alten Stromzählern ist es sinnvoll, mit dem Stromnetzbetreiber Rücksprache zu halten. Eine Anmeldung ist zwar nicht nötig, allerdings kann man so Frust vermeiden. Im schlimmsten Falle könnten alte Zähler eingespeisten Strom sonst als Verbrauch verbuchen.
Zwei verschiedene Wechselrichter. Einmal mit und einmal ohne WLAN. Bild: TechStage.de
Wer sich für den Kauf entscheidet, sollte genau planen, damit im Nachhinein keine Mehrkosten anfallen. Folgende Fragen sollte für eine vernünftige Planung beantworten:
- Wohin kommen die Panels?
- Ist dort ausreichend Platz und scheint dort möglichst lange die Sonne?
- Wie bringe ich sie dort an?
- Wohin kommt der Wechselrichter?
- An welcher Steckdose schließe ich den Wechselrichter an? (keinesfalls mit Mehrfachsteckdosen arbeiten!)
- Wie viele Meter Kabel werden für die Verbindung benötigt?
Unterschiede der Sets
Doch das Angebot an Balkonkraftwerken ist groß und die Sets unterscheiden sich nicht nur beim Preis. Wo also liegen die Unterschiede und was muss man beim Kauf beachten?
Der größte Unterschied bei den erhältlichen Sets betrifft die Leistung der im Set enthaltenen Panels. So ist etwa beim Set Balkonkraftwerk Klimaworld BS-SET-300K für 430 Euro lediglich ein Panel mit einer Leistung von 300 Watt enthalten. Die maximale Einspeisung von 600 Watt erreicht diese Anlage auch bei bestem Sonnenwetter nicht. Bei bewölktem Himmel fällt die Leistung dann noch weiter ab. Besser ist es deshalb, auf Sets mit mehr Leistung zu setzen. Das Kit von e4mobility für 499 Euro beinhaltet etwa ein Panel mit immerhin 420 Watt. Zwei Panels gibt es laut Preisvergleich ab 670 Euro etwa im 600-Watt-Set von Plentino. Das privat gekaufte Set des Autors, mit zwei 410-Watt-Panels, gab es kurzzeitig für 599 Euro bei einem Discounter Netto. Es lohnt sich also, die Augen offenzuhalten und nach aktuellen Angeboten zu suchen.
Zwischen Panel und Wechselrichter kommen MC4-Solarstecker zum Einsatz. Bild: TechStage.de
Außer den Panels unterscheiden sich auch die im Lieferumfang enthaltenen Befestigungsmittel. Neben einfachen Aufstellern für Boden und Flachdach, gibt es Halterungen für Balkongeländer, Wand oder Ziegeldach. Zusätzlich zu den Halterungen zur flachen Montage gibt es diese auch in aufgeständerter Form. Dann können die Panels angewinkelt aufgestellt/aufgehängt werden, um effektiver zu arbeiten. Und hier sollte man genau hinsehen und nachrechnen, denn die Kosten für die Halterungen sind nicht unerheblich.
So kam etwa unser Set vom Discounter, komplett ohne Halterungen für die Solarmodule. Nicht so schlimm, haben wir gedacht, sind ja nur ein paar Metallstreben. Doch weit gefehlt. Wer auf Amazon, Ebay und Co. nach Halterungen für Solarpanels sucht, wird von mitunter unverschämt hohen Preisen überrascht. Ein paar Streben und eine Handvoll Schrauben zur Befestigung des Solarpanels am Balkongeländer kosten hier mal eben 85 bis 150 Euro. Und das pro Panel! Wer Kostenüberraschungen vermeiden will, sollte sich schon im Vorfeld schlaumachen, oder ein Set mit passender Befestigung kaufen. Diese sind zwar teurer, unterm Strich spart man aber im Vergleich zum Einzelkauf.
Die in den Sets enthaltenen Wechselrichter unterscheiden sich zwar in der Bauform, arbeiten aber letztlich alle fast identisch. Hauptunterschied hier ist die Frage, ob der Wechselrichter WLAN integriert hat oder nicht. Wechselrichter mit WLAN lassen sich sehr bequem per Rechner oder Smartphone überwachen – sowohl von zu Hause als auch unterwegs. Die aktuelle Stromproduktion ist so immer sofort ersichtlich. Wechselrichter ohne WLAN lassen sich aber auch problemlos und kostengünstig per WLAN-Steckdose mit integriertem Strommesser überwachen. Vorteil dieser Variante: eine höhere Datensicherheit. Die ist etwa beim Discounter-Wechselrichter von Deye ab Werk nur mangelhaft, wie unsere Kollegen berichten. Wer sich absichern will, sollte deshalb unbedingt die Firmware aktualisieren. Eine deutsche Anleitung zum Update gibt es etwa hier. Auch der Hersteller Deye hat mittlerweile reagiert und ein Tutorial online gestellt.
Wann kaufen?
Doch wann ist der beste Zeitpunkt für den Kauf? Lohnt es sich zu warten, bis eine Einspeisung bis zu 800 Watt legal ist? Diese Frage ist berechtigt, aber für uns privat haben wir sie mit Nein beantwortet.
Hauptargument für einen baldigen Kauf ist die erfahrungsgemäße Lieferknappheit in den Sommermonaten. Aktuell sind zwar zahlreiche Balkonkraftwerke sofort bestellbar, das kann sich aber schnell ändern, wie wir letztes Jahr gemerkt haben. Selbst unter den sofort bestellbaren Sets sind viele erst in sechs bis acht Wochen tatsächlich lieferbar. Und jeder Tag, an dem die Anlage nicht steht, kostet Geld! Wer seine Anlage schon jetzt etwas stärker auslegt, etwa mit zwei 410-Watt-Panels, kann bei einer Gesetzesänderung der Einspeiseleistung einfach den Wechselrichter austauschen.
Preis
Fazit
Die Preise für Solaranlagen und Balkonkraftwerke haben sich in den letzten Monaten wieder entspannt und so lohnt sich der Kauf. Aufgrund einer erwartungsgemäß hohen Nachfrage in den Sommermonaten würden wir zeitnah über eine Anschaffung nachdenken. Bereits jetzt beträgt die Lieferzeit vieler Anbieter mehrere Wochen. Mit schnell weiter fallenden Preisen rechnen wir nicht – auf Tagesangebote sollte man aber achten. Hier kann man ordentlich sparen!
Aktuell läuft unsere Anlage im nur Testbetrieb, aber wir sind bereits jetzt positiv überzeugt. Bei gutem Wetter liefern die 410-Watt-Panels selbst im kalten Februar über 300 Watt. Die 600 Watt sollten im Sommer also durchaus zu erreichen sein. Sobald die bestellten Balkonhalterungen ankommen, wird unsere Anlage dauerhaft installiert. Die Verkabelung und die Anmeldung des WLAN-Wechselrichters hatte bei uns problemlos innerhalb von etwa 10 Minuten funktioniert – die sichere und dauerhafte Montage der Panels wird allerdings etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen.
Speichern lässt sich der Strom hiermit allerdings nicht. Wer eine autarke Stromversorgung in Form einer Inselanlage sucht oder eine Notstromversorgung für Stromausfälle wünscht, der sollte sich in der Themenwelt Powerstations und mobile Solargeneratoren umsehen.